Geschichten
Ich treffe mich gerne mit den anderen jungen Erwachsenen in den verschiedenen Gruppen und bei Freizeiten. Wir kennen uns alle schon soooooo lange und verstehen uns auch ohne viele Worte.
Therese Makarczuk-Krol für Larissa
Mein Name ist Sontje – seit 2006 bin ich schon im Verein und in diesem Jahr bin ich auch geboren worden. Der Name bedeutet übrigens „kleine Sonne“ und ist bei mir auch Programm!
Mittlerweile bin ich schon in der 7. Klasse einer Förderschule für GE in der Pestalozzi-Schule in Burgwedel. Über 6 Jahre habe ich davor die Kleinklasse der Waldorfschule in Bothfeld besucht, aber leider ging dort der Weg für mich nicht weiter, da der Unterricht immer schwieriger geworden ist. Aber trotzdem habe ich dort immer noch ein paar Freunde, die mir ans Herz gewachsen sind.
Nachmittags habe ich gaaanz viele Hobbys – da wäre mancher Erwachsener neidisch: Ich mache bei den „Handball kennt kein Handicap“-Kindern mit, singe in einem Kinderchor, gehe Reiten, tanze in einer Tanzschule und mache Sport beim Mädchenturnen hier im Ort. Seit einem halben Jahr nehme ich noch am Konfirmandenunterricht teil – und alles mit viel Freude!
Christina Grethe für Sontje
Ich schwimme am liebsten mit anderen Kindern im Birkenhof bei Florian (im Schwimmclub der Wassermelonis), versorge gerne die Tiere mit Frau Dragun oder Frau Grün in Lindwedel oder Negenborn (Institut für soziales Lernen mit -Tieren) und gehe gerne kegeln.
Anne Lies für Simon
Unsere Tochter Julia ist sieben Jahre alt und würde sich selbst wohl folgendermaßen vorstellen: „Ich Julia, ich groß, …“ also „Ich bin Julia und bin schon groß! Ich gehe gerne in den Hort (O. K., in die Schule auch …) und bewege mich gerne draußen – Rad fahren, klettern, Seilbahn fahren auf dem Spielplatz. Besonders gerne gehe ich schwimmen, auch wenn ich es noch lernen muss.“
Julia überrascht uns immer wieder mit ihrem Ehrgeiz und ihrer Hartnäckigkeit. Sie will alles erreichen, was ihre Brüder (10 und 3) auch können, schimpft ausgiebig, wenn es ihr nicht gelingt und probiert es immer wieder.
Die Diagnose „Down-Syndrom“ war für uns natürlich ein Schock, den wir erst mal verarbeiten mussten. Wir sind froh, dass wir im Verein „Down-Syndrom Hannover e. V.“ viele Menschen kennengelernt haben, die uns mit gutem Rat und mit Verständnis für unsere Sorgen und Fragen zur Seite stehen und mit denen wir unsere Erfahrungen teilen können.
Familie Weinbrecht/Hohls
Wir sind zusammen groß
Wir sind zusammen alt
Komm lass n bisschen noch zusammen bleiben
Nehmt die Flossen hoch
Und die Tassen auch
Wir feiern heute bis zum Morgengrauen
Die Fantastischen Vier & Clueso
Marlene und Henri. Leben an den unterschiedlichen Enden der Stadt und sind doch zusammen. Sind zusammen in einer Schulklasse, laufen zusammen (weg), schmausen zusammen Erdbeereis und Zitrone, tanzen zusammen die bunten Tänze. Maulen zusammen, denn auch das macht zusammen mehr Spaß als alleine. Zusammen fahren sie Taxi oder Rad und lachen zusammen.
Henri und Marlene, Marlene und Henri Zusammen!
Familie von der Heide und Familie Braun/Jödicke
Mein Name ist Kilian und ich bin 12 Jahre alt.
Ich gehe in die 7. Klasse des Otto-Hahn-Gymnasiums in Springe. Es macht mir auch richtig Spaß, wenn das frühe Aufstehen nicht wäre ;-). Am liebsten mag ich Englisch, Mathe und Sport.
Hobbys? Na klar, habe ich auch: voltigieren, (laut) Musik hören, schwimmen (tauchen kann ich besonders gut).
Aber mein größtes Hobby oder eher meine größte Leidenschaft ist der Zirkus, da kann ich einfach in eine ganz andere Welt „abtauchen“.
Heike Drescher für Kilian
Meilensteine der letzten 20 Jahre? Vor allem am Anfang überlebenswichtig, aber auch bis jetzt noch unersetzlich das Gefühl einer Gemeinschaft, mit einem schweren Thema nicht alleine zu sein, die gegenseitige Unterstützung und das Verständnis füreinander, das Mut-Machen, gemeinsame Aktionen planen, das Interesse daran, wie es die anderen schaffen, dieses Leben.
Wir haben tolle Menschen kennengelernt, Netzwerke geknüpft und verlieren nie ganz den Kontakt, begegnen uns als „große Familie“ immer wieder, begleiten uns gegenseitig, wahrscheinlich lebenslang.
Steffi & David Petrek
Gleich nach der Geburt unseres zweiten und dritten Kindes, der Zwillinge Rick und Elli, haben wir uns an den Down-Syndrom Hannover e. V. gewandt.
Total durcheinander habe ich noch aus dem Krankenhaus heraus (mit der ziemlich wahrscheinlichen Diagnose „Down-Syndrom“ für Rick) meinen Vater gebeten, Kontakt aufzunehmen. Sofort haben sich Christina Grethe und Nora Langerock-Siecken bei uns zurückgemeldet und mich sehr herzlich in die Gemeinschaft der Eltern von Kindern mit Trisomie 21 in Hannover aufgenommen. Es war so gut, Menschen kennenzulernen, die in einer ähnlichen Situation sind, und zu erleben, was für glückliche, normale, schöne Leben sie führen. Mitleid fand ich furchtbar – und das bekam ich im Down-Syndrom Hannover e. V. Gott sei Dank nicht, sondern stattdessen Glückwünsche und Unterstützung.
Es ist toll, dass wir uns gegenseitig helfen und uns zusammen freuen, wenn etwas klappt und wenn unsere Kinder Fortschritte machen! Und dass wir so unheimlich viel gemeinsam lachen!
Anne Buchholz und Sebastian Harfst mit Tom, Rick und Elli
Amelie (3 Jahre) kann manche Dinge noch nicht so gut wie andere Kinder in diesem Alter, das sind zum Beispiel laufen, sprechen, alleine essen … Aber andere Dinge kann sie dafür super gut. Musizieren zum Beispiel, da kann sie alle Gebärden in den Kinderliedern auswendig und korrigiert die Erwachsenen, wenn sie eine Gebärde vergessen haben. Amelie nimmt ihre Umwelt und besonders alle Lebewesen darin bewusst wahr und freut sich über jeden, der auch für sie einen freundlichen Blick und Interesse hat. Sie lässt sich nicht von Stress, Ehrgeiz und zu hoch gesteckten Zielen erdrücken, nein, sie lebt ein entspanntes Leben und genießt den Moment. Daran können sich viele andere „normale“ Menschen ein Beispiel nehmen. Das Leben genießen und glücklich sein sollte für jedes Lebewesen auf dieser Erde ein wichtiges Ziel sein. Amelie lebt uns das jeden Tag vor und wir lieben sie dafür!
Familie Larisch
Schon bevor ich Caja bekam, hat mich das Leben der Menschen mit „geistiger Behinderung“ interessiert: das Leben im Hier und Jetzt, gelöst vom gesellschaftlichen Norm-Druck, jedoch mit dem Glück des Vorankommens im eigenen Zeitmaß.
Bis dahin war ich immer eher Zaungast gewesen. 2010 wurde ich Beteiligte mit hautengem Dauerkontakt. Beim Down-Syndrom Hannover e. V. konnte ich gucken, fragen, erleben, drüber reden. Da sind Familien, die durch ähnliche Hochs und Tiefs gehen, mit denen ich lachen und weinen kann, glücklich und erschöpft. Da sind Familien, die mir Tipps geben können für Magensonde, Kardiologie, Gaumenplatten, Orthopädie, Hörhilfe, Down-Syndrom-Brillen, Zöliakie, Kindergarten, Schule, Beruf. Wir erinnern uns, wenn jüngere Kinder Schritte gehen, die wir schon hinter uns haben. Wir gucken, welche Perspektiven uns die Älteren aufzeigen. Wir können unser Leben teilen mit vielen glücklichen Momenten und einer ähnlichen Sichtweise auf die Familienwelten.
Silja Stegemeier und Caja
Patrick, 17 Jahre, mit Down-Syndrom, macht sehr gerne Sport, liebt Musik und Tanzen, ist sehr selbstbewusst und fröhlich, neugierig und mutig, ein Charmeur.
Ines Alabarta-Schmidt
Ich heiße Thaddäus, aber alle meine Freunde nennen mich nur Tadda. Das ist auch viel besser, denn so lange Wörter wie Thaddäus sind viel zu schwer zum Sprechen und zum Schreiben sowieso.
Die Schule habe ich jetzt endlich hinter mir und mit Hilfe von ganz vielen Unterstützern einen tollen Job im Supermarkt.
Morgens muss ich immer erst massig Pappe pressen und dann auch noch alles sauber machen – völlig überbewertet! Aber dann geh ich durch den Markt und kauf mir etwas Leckeres zum Frühstück. Prima! Nachmittags kommt dann Hagen und wir machen oft was total Cooles. Gestern waren wir mit allen Freunden im Kanal schwimmen. Und am Wochenende ist dann Party oder Schützenfest und ich kann den ganzen Abend tanzen. Es gibt soo hübsche Mädchen….. Ich könnt noch viel mehr erzählen, aber dann meckert wieder wer, der Text ist zu lang.
Mein Motto habt ihr längst erkannt: So will ich ich sein, so will ich leben und immer inklusiv.
Alfred Dröse für Thaddäus
Héloise ist unser 3. Kind. Wir haben sie adoptiert, als sie noch ein Baby war.
Sie ist immer sehr glücklich und spontan, sie mag mit Musik singen und tanzen.
Sie ist für uns und ihre zwei großen Brüder unser Sonnenstrahl.
Familie Serres
Florian ist inzwischen neun Jahre alt. Da wir uns schon wenige Wochen nach der Geburt an den Verein gewandt haben, sind wir auch schon neun Jahre dabei. Als Erstes konnten wir damals eine Familie mit einem Sohn mit Down-Syndrom besuchen. Das hat uns sehr geholfen, zu sehen, wie „normal“ es in dieser Familie zuging. Ab diesem Zeitpunkt gab es immer mehr Berührungspunkte bei den verschiedensten Aktionen: Spielenachmittag, Vorträge, die Aktionstage usw. Im Laufe der Zeit habe ich mich auch immer mehr aktiv am Vereinsleben beteiligt, u. a. habe ich eine Zeit lang den Spielenachmittag organisiert. Florians großem Bruder hat der Kontakt zu anderen Geschwistern sicher auch gutgetan. Für ihn waren immer die Familienfreizeit in Mardorf (v. a. das traditionelle Fußballspiel) und das Picknick bei Familie Dröse die Highlights.
Für mich persönlich sind einige Menschen, die ich durch den Verein, d. h. auch durch das Down-Syndrom von Florian, kennengelernt habe, das Wertvollste, das mir die letzten neun Jahre gebracht haben.
Christina Gerth
Was Jaron gerne mag:
Musik und Tanzen,
die Farbe Gelb,
Hannover 96,
Kartoffeln „ohne alles“,
im Auto vorne sitzen,
im Schwimmbad tauchen,
Vorlesestunde mit Mama
und mit Papa in den Baumarkt fahren.
Was Jaron nicht so gerne mag:
jemanden verabschieden,
neue Schuhe,
Änderungen des geplanten Ablaufs und
unbekanntes Essen.
Familie Schabram/Ostkamp
Ich singe und tanze gern.
Kochen macht mir Spaß und das Essen auch. Ich ziehe mich gerne hübsch an und flirte gerne.
Ich liebe mein Tablet und die Liebe und das Leben.
Familie Luschnat für Keke
Guten Abend
Ich denke. Nach
Minuten. An. Auge. Küken. Sven
Erik. Setzen. Steuer. Man
Sven-Erik
Eines Morgens sitzen wir alle am Frühstückstisch, als Finn zu dozieren anfängt. „Erbsen!“ Erstaunte Blicke – was will uns der Junge sagen? „Grüne Erbse – dominant. Gelbe Erbse – rezessiv.“ Habe ich richtig gehört? Erklärt mir gerade mein Sohn mit Down-Syndrom, von dem uns 15 Jahre zuvor erklärt wurde, er würde weder lesen, schreiben noch rechnen können, die Mendel´schen Gesetze? Mir geht das Herz auf. Doch bevor ich weiter staune, höre ich von seiner Mutter: „Finn, das ist toll – aber leider falsch. Die gelben Erbsen sind die dominanten.“ Na super, denke ich, Fakten hin oder her – das ist doch nicht entscheidend. „Nein“, brüllt Finn. „Doch“, lächelt Antje. „Nein!“… Ein Kompromiss wird gemacht: „Finn, lass uns im Biobuch nachschauen.“ Antje holt ein Biobuch, schlägt die richtige Seite auf. Finn klebt mit der Nase am Text und liest hochkonzentriert den entscheidenden Satz. Dann ein verwirrter Blick nach oben und die Lösung: „Dein Buch falsch! Mein Buch dicker!“ Als Beweis wird die Mappe aus dem Ranzen gekramt, die tatsächlich dicker war (die dominanten Erbsen grün angemalt). Am Ende waren alle glücklich – und niemand soll behaupten, inklusiver Unterricht wäre nicht sinnvoll möglich! Jan Fahlbusch